Michaela Cerullo

Ausstellung vom 17. November 2022 bis 31. Januar 2023
«Wahrhaftige Menschen und wahre Blüten», 
Malerei

„Ich male Blumen, damit sie nicht sterben.“
Frida Kahlo mexikanische Malerin (1907 – 1954)

Blumen sind Leitmotive in der Malerei von Michaela Cerullo. Sie nehmen mal ornamental bodenlange Kleider ein, zieren den Kopf von Frauen oder setzen sich in Form leuchtender Blumensträusse, von einem meist diffus gemalten Hintergrund, ab. Die Künstlerin lässt Blüten wie Sternenstaub vom Himmel regnen, was wirkt wie eine blumige Eingebung, die sich über die Köpfe der Figuren ergiesst. «Wahrhaftige Menschen und wahre Blüten» lautet denn auch der Titel der aktuellen Ausstellung in der Villa Meier-Severini. Bereits im Juni 2020 präsentierte die Pop-Up Galerie «C&C Contemporary das Werk von Michaela Cerullo, damals unter dem Titel «Die Gabe». 

Das Thema des Schenkens und Gebens, aber auch der Eingebung und der Gabe im Sinne von Talent, bleibt auch in dieser Schau aktuell. Blumen sind Gaben der Natur. Sie erzählen eine Geschichte des Werdens und Vergehens und erinnern uns ganz im Sinne des mittelalterlichen Memento Mori an die Vergänglichkeit aller Dinge. In jenem Moment, in dem wir ihre Schönheit bewundern, sind sie bereits im Begriff zu welken. Nicht so in der Malerei von Michaela Cerullo, die ihre Schönheit auf Leinwand bannt und dadurch verewigt. Der französische Dichter Charles Baudelaire (1821-1867) blickte in seinem Gedichtband «Die Blumen des Bösen» in die menschlichen Abgründe. Michaela Cerullos Blumen sind hingegen «Blumen des Guten», ihre meist weiblichen Figuren strahlen Güte, Grosszügigkeit und Hingabe aus. «Jeder Mensch hat eine blumige und wahre Seite», so die Künstlerin. Mit «wahrhaftigen Menschen» meint sie jene, die zu sich stehen und dabei für andere Empathie empfinden.

Stilistisch haben die Bildwelten der Künstlerin etwas Zeitloses: Man kann in ihnen das Erhabene mittelalterlicher Heiligenbilder, das an den Jugendstil erinnernde Ornamentale oder die Hippiekultur mit ihrem Hang zum Farbenfrohen, zur Folklore und dem Psychedelischen finden. Das explizit Poltische sucht man in den mit Öl und Acryl gemalten Gemälden hingegen vergeblich. Dass die Friedenstaube in einem kürzlich entstandenen Gemälde isoliert auf einer Leinwand Platz fand, ist aber sicher kein Zufall. «Ich habe mein Leben gemalt», sagt die Künstlerin, die 1966 in Prag zur Welt kam, als Zweijährige mit ihrer Familie in die Schweiz übersiedelte und heute in Thun lebt und arbeitet. 

Für Menschen auf der Flucht hegt die Künstlerin ein besonderes Verständnis. «Blumenlichter für alle Flüchtlinge» malt sie in Form kleiner Strahlenformationen, die wie leuchtende Schaumkronen auf blauschimmernden Hintergrund glimmen. In einer krisenbehafteten Zeit haben Michaela Cerullos Bilder, die eine beinahe meditative Ruhe ausstrahlen, etwas Tröstliches. Zuversicht versprechen auch ihre Darstellungen von Mutter und Kind, einem Bildtypus, der die ganze Kunstgeschichte, meist in Form von Marienbildern durchzieht. In Michaela Cerullos Malerei erhält diese viel erprobte Ikonografie der Innigkeit eine neue Dringlichkeit: Mutter und Kind verschmelzen in ein und demselben Farbraum, werden eins. Doch es gibt nicht nur die Begegnung zwischen Individuen in Michaela Cerullos Werk, sondern auch Begegnungen, die man als solche mit sich selbst, dem eigenen Inneren lesen kann. «You are not alone» lautet der Titel eines Bildes, das zwei gleich gekleidete, beinahe identische Mädchen zeigt, die sich gegenseitig an den Händen halten. Schwestern, Freundinnen, Seelenverwandte oder eine Porträtierte und ihr Zweites Ich? – das bleibt der Fantasie überlassen. (Text: Helen Lagger, Kulturjournalistin)

Biographie:

Michaela Cerullo ist 1966 in Prag geboren und 1968 in die Schweiz umgesiedelt.
Michaela ist also während des Prager Frühlings als Kind in die Schweiz gekommen. Die Suche nach einer Heimat, sowohl im wörtlichen als auch im übertragenen Sinn, ist eines ihrer Themen, die sie in ausdrucksstarke Bilder umsetzt. Ihrer «Geburtsheimat» hat sie im Unterbewusstsein immer geprägt, obschon sie in der Schweiz aufgewachsen ist, erkennt man in ihren Werken die subtile folkloristische Melancholie.

1966 Geboren in Prag
1968 Übersiedlung in die Schweiz
1986 - 1990 Auslandaufenthalt in Italien, Malerei im Selbststudium, lebt und arbeitet im Kanton Bern

Ausstellungen:
2020 C&C Contemporary, Vogtei Live, Einzelausstellung, Herrliberg
2019 Satellit, Gruppenausstellung, Thun
2019 Kunstraum 34, Gruppenausstellung, Bern
2018 Atelier Worb, Einzelausstellung, Worb
2017 Traumwelten, Sammlung Suter, Steffisburg
2017 Kammerausstellung, Gruppenausstellung, Schlossberg Thun
2016 Marquand-Wocher Panorama Thun,"il Fazzoletto", interkulturelles Projekt
2015 Art-house Galerie & Agentur Sandra Marti, Adventskalender "città-hotello", Thun 2014 Privatklinik Wyss, Einzelausstellung, Münchenbuchsee
2014 Kammerausstellung, Gruppenausstellung mit Bendicht Friedli, Heustrich
2013 Galerie Gepard 14, Gruppenausstellung, Bern
2013 Galerie Anixis, Gruppenausstellung, Baden
2013 Galerie Selz, Einzelausstellung, Perrefitte
2012 Galerie Anixis, Baden
2012 Art-House, Chambre blanche, Thun
2012 Galerie Gepard 14, Einzelausstellung, Bern
2011 Cantonale Berne Jura, Weihnachtsausstellung, Interlaken
2011 Galerie Salzhaus, Brugg
2011 Galerie Gepard 14, Gruppenausstellung, Bern Liebefeld
2011 Kammerausstellung , Einzelausstellung, Heustrich
2011 Blausee, Turbine Giswil
2011 Gruppenausstellung, Art-House Galerie, Thun
2010 Kunsthaus Interlaken, Jahresausstellung
2010 Helgastöck, Turbine Giswil
2009 Kulturverein Atelier Worb
2009 Kunsthaus Interlaken, Jahresausstellung
2008 Kunstgesellschaft Interlaken, KGI Jahresausstellung
2007 Kunstgesellschaft Interlaken, KGI Jahresausstellung
2006 Kunstgesellschaft Interlaken, KGI Jahresausstellung
2005 Galerie Art-House, Thun
2005 Kunstgesellschaft Interlaken, KGI Jahresausstellung

Ankäufe: 2014 Sammlung Suter, 2011 Sammlung Suter Projekt: 2006 Arthena, Jugend in der Kunst

MICHAELA CERULLO S isch äben ä Mönsch uf Ärde, 2022, Öl und Acryl auf Leinwand, 135x110cm

Mehr über Michaela Cerullo:
www.cerullo.ch 

 

Text zur Ausstellung 'Die Gabe, The Gift', 4. September-27. September 2020: